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Ernst Brun studierte an der Philosophischen Fakultät II der Universität Zürich Physik und promovierte 1954 bei Professor H.H. Staub mit einer Arbeit über magnetische Kernmomente mittels magnetischer Kernspinresonanz. Er entwickelte neue experimentelle Methoden – die dynamische Kernpolarisation, um Kernresonanzsignale zu verstärken und somit auch sehr schwache Signale nachzuweisen. Nach einem Forschungsaufenthalt in den USA, wurde er 1958 als ausserordentlicher Professor für Experimentalphysik an die Universität Zürich berufen und 1963 zum Ordinarius befördert.
Brun beschäftigte sich zunächst mit magnetischer Kernspinresonanz (NMR) und ihren Anwendungen auf die Strukturanalyse von Mineralien. Aus dieser Zeit stammte die enge Zusammenarbeit mit Kristallographen im In- und Ausland. Später fokussierte er seine vielfältige wissenschaftliche Tätigkeit auf die Erforschung komplexer nicht-linearer Systeme mittels NMR- und Laser-Methoden, welche zur Entdeckung des NMR Lasers (Raser) in seiner Forschungsgruppe führte.
Dabei nutzte er zunehmend auch umfangreiche Simulationsrechnungen auf der Basis der Spindynamik und Spinthermodynamik, was am Beispiel der Entwicklung des Rasers deutlich wird: Am Anfang stand die Beobachtung von Nicht-Linearitäten in den Signalstärken der Kerne bei starker negativer Polarisation. Basierend auf Modellrechnungen mit erweiterten Bloch-Gleichungen postulierte er, dass ein Kernspinsystem spontan kohärente Radiofrequenzstrahlung aussenden sollte, wenn der Polarisationsgrad einen gewissen Schwellenwert erreicht. Nach umfangreichen Experimenten gelang es schliesslich, diesen Kernresonanz-Laser oder Raser experimentell zu realisieren.
Die spontanen Übergänge des ungeordneten Systems zu einem kohärent strahlenden hoch geordneten Zustand und die dabei auftretenden komplexen Einschwingvorgänge interpretierte er mit Theorien von Phasenübergängen und mit chaostheoretischen Grundlagen (Chaos und Ordnung). Die daraus gewonnenen Erkenntnisse waren oft sehr allgemeiner Natur und lassen sich auf viele Bereiche der Naturwissenschaften anwenden.
Die Forschung von Ernst Brun war geprägt von Neugier und Begeisterung. Dies übertrug er auch immer wieder erfolgreich auf seine Mitarbeiter. Er war offen für viele neue Ideen, welche er kritisch diskutierte, um dann überzeugt mental und materiell neue Wege einzuschlagen.
Neben seinen tiefgehenden Spezialvorlesungen unterrichtete Ernst Brun viele Jahre lang als grosser und engagierter Didaktiker die Studierenden der Medizin in Vorlesungen, die vielen in bleibender Erinnerung blieben. Dabei gelang es ihm, seinem Publikum die Faszination an der Erforschung fundamentaler physikalischer Fragen zu vermitteln, und den angehenden Naturwissenschaftlern die Physik als Grundlagenfach nahe zu bringen.
Ernst Brun amtete von 1970 bis 1972 als Dekan der Philosophischen Fakultät II (heute Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät) und leitete von 1972 bis 1992 als Direktor das Physik-Institut der Universität Zürich. Er war ein charismatischer und sehr persönlicher Institutsleiter, der grossen Wert auf einen partizipativen Führungsstil legte. Wichtige Entscheidungen wurden gemeinsam mit den Betroffenen gefällt sowie an Institutsversammlungen vorgestellt und diskutiert. So hat er wesentlich dazu beigetragen, dass sich niemand bevorteilt oder benachteiligt fühlte und im ganzen Institut eine gute Atmosphäre herrschte. Das Wohl aller war ihm immer wichtiger als der persönliche Erfolg oder Anerkennung.
Das Physik-Institut unter der Leitung von Ernst Brun war eine kollegiale Einheit mit einem Gemeinschaftsgefühl, welches durch seine ausserordentliche Persönlichkeit geprägt und gefördert wurde.
Die Universität Zürich, die Kolleginnen und Kollegen und die ehemaligen Studierenden verlieren in Ernst Brun einen Menschen und Lehrer, dem sie viel zu verdanken haben.
Katharina Mueller